Quetschekuche - Esse am Quetschekuche-Pädsche



Alte Tradition - neu entdeckt

- Wolfgang Bertrams -

In Ueberau gibt es entlang der Gersprenz das so genannte Quetschekuche-Pädche (hochdeutsch: Zwetschgenkuchen-Pfad). Dort trugen früher die Hausfrauen ihr vorbereitetes Backblech mit Zwetschgen zum Bäcker, um den Kuchen dort backen zu lassen. Damit das Backblech ohne Probleme auf dem Kopf getragen werden konnte, legte man sich einen so genannten Wisch*) auf den Kopf. Dabei handelt es sich um ein aufgerolltes Stoffteil (oft gefüllt mit Körnern), das den Druck des Backblechs auf den Kopf erleichtern sollte.

Am Kerbsonntag – nämlich am 2. September um 14.15 Uhr - wird eine Gruppe vom Ueberauer Bäcker Friedrich aus (am „Dalles“) einen Zwetschgenkuchen über das Quetschekuche-Pädche zur Feuerwehr tragen. Diese Gruppe wird musikalisch mit dem Ueberauer Kerblied „Die Iwweroer Kerb is do“ begleitet. Gerne können Bürger diesen „historischen“ Weg mitlaufen und das traditionelle Kerblied mitsingen.

Am Ende des Quetschekuche-Pädchens haben fleißige Helfer für ein gemütliches Kaffeetrinken Tische und Bänke aufgestellt. Jeder bringt dazu sein Zubehör (Z. B. Kaffee und Kuchen, Tassen usw.) mit. Dann kann der „Kaffeeklatsch“ um 14.30 Uhr beginnen.

Natürlich wird eine Kerbrede nicht fehlen. Beim gemeinsamen Plaudern mit den Tischnachbarn vergeht die Zeit wie im Fluge und man lernt weitere nette Menschen kennen.

Die Ueberauer freuen sich auf dieses Ereignis!


Am 2. September machten mehr als 100 Bürger dabei mit, am Quetschekuche-Pädsche Quetschekuche zu essen.

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Thomas Thierolf führt die Gruppe auf dem Quetschekuchenpfad in Ueberau an. Foto: Melanie Schweinfurth

Mit Kuchenblech auf dem Kopf

Von Melanie Schweinfurth

Wolfgang und Ulla Bertrams haben eine alte Tradition in Ueberau wieder aufleben lassen: Knapp 90 Bürger liefen auf dem historischen „Quetschekuchenpfad“ und sorgten für eine Neuauflage des Kerbsonntags.

UEBERAU - Manchmal kommt man vom Urlaub nicht nur mit Fotos und Souvenirs zurück, sondern auch mit vielen Inspirationen und neuen Ideen. So war es auch bei Wolfgang und Ulla Bertrams. „Wir haben bei unserem Städteurlaub eine Veranstaltung erlebt, bei der Menschen von überall her kamen, sich zu einer Art Umzug formierten, um dann an einer langen Tafel Platz zu nehmen und dort zusammen zu essen“, erzählt Wolfgang Bertrams.

Den Eindruck brachte das Ehepaar mit zurück nach Ueberau. Im Arbeitskreis „Unser Dorf hat Zukunft“ diskutierten die Mitglieder, ob und wie sie auch im Reinheimer Stadtteil viele Menschen auf ähnliche Weise zusammenbringen können. „Jemand aus der Gruppe brachte den Quetschekuchenpfad ins Gespräch, und wir begannen die Geschichte des Pfads zu recherchieren“, erzählt Bertrams. „Wir haben eine Veranstaltung organisiert, bei der der Quetschekuchenpfad reaktiviert wird. Und mit ihm die Ueberauer Kerb“, sagt Wolfgang Bertrams. Am Sonntag war es dann soweit: Die Mitglieder des Arbeitskreises luden zur Begehung des historischen Pfads ein. Knapp 90 Bürger folgten dem Aufruf und sorgten für eine Neuauflage des Kerbsonntags.

An der Hofreite von Thomas Thierolf nahe der Bäckerei Friedrich startete nach Jahrzehnten wieder eine kleine Prozession aus Bürgern, die mit Kuchenblechen den Quetschekuchenpfad entlanggingen. Gut 400 Meter betrug der Abschnitt des Pfads, der an den Ueberauer Schrebergärten endete, wo eine lange Tafel für die Gäste aufgebaut war. „400 Meter können ganz schön lang werden mit einem schweren Kuchenblech auf dem Kopf“, urteilte Thomas Thierolf.

Um das Blech überhaupt transportieren zu können, trug er als Polster einen „Wisch“ auf dem Kopf. Das kleine runde Kissen sei ein Dachbodenfund gewesen. Seinen Zwetschgenkuchen hatte die Bäckerei Friedrich gebacken und dem Arbeitskreis gestiftet. Alle anderen Kuchen kamen von den Ueberauern selbst.

Pfad führt von der Ortsmitte zur Gersprenz

Der Pfad, der von der Ortsmitte zur Gersprenz und an dem Flüsschen entlang zur Ueberauer Bäckerei Friedrich führt, hatte einst eine wichtige Funktion. Vor allem in der Zeit der Kirchweih Anfang September. „Die Kirchweih war früher eines der größten Feste im Ort. Man hatte viele Gäste, die gut bewirtet werden sollten“, erzählt Thomas Thierolf vom Arbeitskreis.

Doch in den Bauernhäusern gab es selten Backöfen für große Kuchenbleche. Manche Häuser hatten gar keine Öfen, in denen gebacken werden konnte. „Und ein öffentliches Backhaus gab es in Ueberau nicht.“ So bereiteten die Ueberauer Hausfrauen zu Hause ihre Kuchen vor, rührten Teig, belegten ihn mit Zwetschgen und Streuseln aus Butter und Zucker. Die Kuchenbleche trugen sie dann zum Bäcker, der gegen einen Obolus die Zwetschgenkuchen backte.

Natürlich durfte eine Kerbrede der Kerbburschen nicht fehlen:


Auch das Iwweroer Kerblied wurde gesungen:



Dieses Ereignis kam bei den Bürgerinnen und Bürgern so gut an, dass beschlossen wurde, den Quetschkuche-Pädschen-Gang zukünftig immer am Kerb-Sonntag durchzuführen.